Horst Evers: Religiöse Orientierung

Das Telefon klingelt. Ich gehe ran.

»Ja.«

»Guten Tag, spreche ich mit Herrn Evers?«

Ȁhm, sag ich nicht.

»Ach. Warum nicht?«

»Na, weil ich noch gar nicht weiß, ob Herr Evers überhaupt mit Ihnen sprechen will. Falls nicht, ist es mir glaub ich lieber, wenn ich jemand anderes bin.«

»Verstehe, ich rufe an im Auftrag der Gemeinschaft der globalen Erneuerungskirche. Herr Evers, dürfte ich Sie fragen, bei welchem Religionsanbieter sie sind.«

»Äh, evangelische Kirche.«

»Schön. Herr Evers, haben Sie schon mal daran gedacht Ihren Religionsanbieter zu wechseln?«

»Äh? Ah jetzt weiß ich‘s, ich bin nicht Herr Evers!«

»Was?«

»War nur‘n Versuch.«

»Herr Evers, wir denken, Ihre alte Kirche kassiert zuviel Glauben von Ihnen.«

»Ach, soviel ist das eigentlich gar nicht, was ich da glauben muss. Das ist schnell weggeglaubt. An sich ist das fast nix.«

»Herr Evers, Ihre Kirche verlangt von Ihnen erhebliche Gebühren und bietet Ihnen nur den Zugang zu einem einzigen Netz.«

»Ach.«

»Bei uns haben Sie schon in der Economy-all-religion-flat Zugang zu 6397 verschiedenen Göttern, darunter alle großen Weltreligionen. Alle Netze – ein Tarif, verstehen Sie? Inklusive kostenlosem Hotline Service bei plötzlichen Glaubensstörungen…«

Ich lege auf. Ich finde, man sollte nur an einen Gott nicht wirklich glauben. Wer an ganz viele Götter nicht wirklich glaubt, dem mangelt es, meiner Meinung nach, an religiöser Orientierung.