Horst Evers: Gottesbeweis

Mein alter Geschichtslehrer hat auf Fragen, die er nicht beantworten konnte, immer gesagt, man solle ihn das nochmal fragen, wenn er es gerade weiß.

Heute verstehe ich, was er damit gemeint hat. Es gibt immer Phasen, da weiß man irgendwie total viel, und dann eben auch Phasen, da weiß man eher wenig bis sehr, sehr wenig. Einfach so. Diese Phasen können innerhalb des Tages plötzlich und mehrfach wechseln. Wer Glück hat, macht in den Phasen, wo er grad sehr, sehr wenig weiß, etwas Sinnloses wie zum Beispiel Sport. Wer Pech hat, ist in den Phasen, wo er grad sehr viel weiß, praktisch immer am Schlafen. Und dann gibt es natürlich noch die paar seltenen Phasen, da weiß man praktisch alles:

Früher, nachts an Kneipentischen, habe ich diese Phasen häufiger mal mit Freunden erreicht. Irgendwann wussten wir auf einmal alles. Aber absolut alles. Doch am nächsten Morgen: alles weg! Keiner konnte sich mehr erinnern. Sehr mysteriös.

Beim nächsten Mal waren wir noch schlauer, haben, als wir plötzlich wieder alles, aber absolut alles wussten, alle zusammen alles auf Band gesprochen. Aber am nächsten Morgen war auf diesem Band nur noch ein wirres, sinnloses Gelalle. So. Und jetzt frage ich, was muss das für eine große, ungeheure Macht sein, die so etwas bewerkstelligen kann? Also mir reicht das als Beweis.