Anna Steegmann: Clean-Nazi aus Trinidad

Im Februar 1999 zog ich nach Harlem. Als ich zum ersten Mal den Müll in den Keller brachte, traf ich unsere Hausmeisterin.

»Hi, ich bin Angela. Man nennt mich Clean-Nazi. Es gefällt mir, wie Du Deinen Müll trennst. Fantastisch, wie Du die Zeitungen und Kartons verschnürst.«

Nach meinem anfänglichen Schock, eine schwarze Frau, die sich Nazi nannte, vor mir zu haben, antwortete ich: »Danke für das Kompliment. Ich bin aus Deutschland. Recycling ist dort Religion. Wahrscheinlich landet man im Gefängnis, wenn man sein braunes, grünes und weißes Glas nicht richtig voneinander trennt.

»My kind of country. Willkommen in Harlem.«

Während ich meine Wäsche in den Trockner stopfte, unterhielten wir uns. Angela war aus Trinidad und hatte kein Problem mit Weißen in ihrem Harlem »Wir haben schon genug Menschen aus schlechter Zucht.« Wir stellten fest, daß wir gleich alt waren.

»Ich hoffe es macht dir nichts aus wenn ich frage, aber bist du schon in den Wechseljahren?« fragte Angela.

»Ich hatte meine letzten Tage vor einem Jahr.«

»Ist doch scheiße, oder? Es drückt auf die Laune.«

»Ich wache jeden Morgen um vier Uhr auf und kann nicht mehr einschlafen.«

»Nimmst Du Hormone?«

»Nein, nur Schokolade.«

»My kind of woman!«

Bei meinem nächsten Trip in den Keller brachte ich ihr eine Tafel Novesia Goldnuss aus dem Care Paket meiner Mutter. Angela begutachtete die grün-goldene Verpackung, das durchsichtige Papier mit der Aussicht auf Schokolade und Haselnüsse. »Hmm, this looks different«, sagte sie und riss die Verpackung auf. Sie brach ein Stück ab, steckte es in den Mund und schloss die Augen. Ich hatte noch nie Sex mit einer Frau, aber Angela sah selig, beinah orgastisch aus. Wie ein Voyeur beobachtete ich den Tanz von Schokolade und Haselnuss in ihrem Mund. Nach einer kleinen Ewigkeit öffnete sie ihre Augen.

»Mein Gott, was für ein unübertrefflicher Geschmack. Dafür schmeiß ich meine Hersheys weg. Was macht es so göttlich?«

»Das richtige Fett. Kakaobutter. Keine Zusatzstoffe.«

Angela leckte sich die Lippen. »Wie kann ich mich revanchieren?«

»Nicht nötig. Ich wollte dir nur meine Medizin für hormonelle Stimmungsschwankungen zeigen.«

Dann warf ich die große Ikeatasche mit meiner frisch gewaschenen und gefalteten Wäsche über meine Schulter und nahm die ersten Treppenstufen.

»Halt, warte einen Moment. Hast Du Samstagabend schon was vor?«

»Nicht wirklich.«

»Willst Du zu meiner Geburtstagsfeier zu kommen? Wir werden Spaß haben. Achtzehn Frauen in den Wechseljahren und ein Stripper.«

Natürlich konnte ich das nicht verpassen.