Andreas Scheffler: »Ich habe löten gesagt«

Zum Tod von Michael Stein

Wenn gerade irgendetwas schief läuft, Sabine und ich genervt sind, oder es einen anderen Grund gibt, dringend mal die Stimmung aufzulockern, fällt von einem von uns ziemlich bald der Satz: »Ich hatte Löten gesagt!« Dann müssen wir beide lachen, und alles ist wieder gut. Das Zitat stammt aus einer kleinen Geschichte von Michael, in der ein harmloser Handwerker von einer inneren Stimme zum Mord getrieben wurde, dieses aber letztlich nur auf einen kleinen Kommunikationsfehler zurückzuführen ist.

Wir lachen immer noch über Kommissar Schulze (»Wir wollen, dass sie sischer leben.«) und Bruno (»…will ficken«). Als Sabine und ich uns lieben lernten, hatte ich gerade Michael Stein kennen gelernt. Im Backstage des Tacheles knutschten Sabine und ich kurz vor einem Auftritt herum, und Michael, mit einer Flasche Enzian in der Hand, rief: »Nun schaff doch einer mal das Liebespaar hier raus!« – Das hat unsere Kumpanei nicht gestört.

Michael Stein hat das Berliner Lesebühnenwesen mitbegründet. Er und Wiglaf Droste waren damals unsere Vorbilder. 1989, im Herbst, besuchte er uns im Germanistencafé der Freien Universität beim ursprünglichen Mittwochsfazit. Durch sein Lob fühlten wir uns geadelt.

Ich habe seitdem immer mal wieder mit Stein am Tresen oder bei mir am Küchentisch zusammen gesessen. Wir haben Whisky getrunken und uns unterhalten über das Leben, über Freundschaften, über die Begegnungen, die wir immer wieder hatten, über Liebe und Partnerschaft und beim letzten Mal zögerlich über das Ende von allem. Zum Abschied haben wir uns die Hand gegeben. Das war‘s leider. Für mich war Stein ein sensibler, warmherziger und seelenverwandter Kumpel. Ich glaube, er würde grinsen, wenn er sehen sollte, wie sich nun immer mehr Legenden um ihn bilden werden.