Robert Rescue: Das Eine soll vor dem Anderen schützen

Ich habe mir vor kurzem einen zweiten Wecker zugelegt, der mich wecken soll, bevor der erste klingelt. Zugegeben, das klingt abstrus, hat aber in meinem Fall eine berechtigte Bedeutung. Ich glaube nämlich, dass in meinem eigentlichen, also dem ersten Wecker eine Bombe steckt, die hochgeht, wenn der Wecker klingelt. Neulich, so vermute ich, brachen während meiner Abwesenheit Terroristen in meine Wohnung ein und tauschten den Radiowecker PHILLIPS AJ 3800, Baujahr 1987, gegen ein identisches Gerät aus. Warum sie das gemacht haben? Vielleicht weiß ich etwas, was ich nicht wissen soll? Oder sie bekämpfen jetzt einfache, ungefährliche Bürger und fangen damit ausgerechnet bei mir an.

Anfangs habe ich es noch geschafft, mich durch Autosuggestion soweit zu konditionieren, dass ich kurze Zeit vor der Weckzeit wach wurde und dann blitzschnell den Alarm ausgestellt habe. Ich war dann von einer Sekunde zur anderen hellwach, schüttete Adrenalin aus und wähnte mich kurze Zeit in Todesangst, bevor ich dann aufstand, um mir Kaffee zu kochen. Dieser Stress aber wurde mir bald zu viel, wenn es auch eine hervorragende Methode ist, um ohne viel Dämmern und Dösen, dafür angsterfüllt den Tag zu beginnen. Den zweiten Wecker stelle ich nun stets auf zwei Minuten bevor der erste Wecker klingelt. Dann mache ich zunächst den aus, um der Gefahr zu entrinnen. Danach beende ich auch das nervtötende Tuten des zweiten Weckers und denke mir, noch fünf Minuten schlummern ist kein Weltuntergang, und schlafe wieder ein.

Zwei Stunden später wache ich auf, schaue aus dem Fenster in den Weddinger Himmel und denke mir, na ja, als Arbeitsloser kann ich mir das leisten, gähne ausgiebig und drehe mich zur Seite. Bevor ich dann wieder einschlafe, frage ich mich, wozu ich mir eigentlich die Wecker stelle, wenn ich sie dann doch nicht nutze? Ach ja, fällt mir gleich darauf ein, der zweite Wecker sorgt dafür, dass der erste mich nicht in die Luft sprengt.

Und den ersten, den stelle ich, um einer sozialen Norm zu genügen.