Alex Dreppec: Wie meine Tante verhaftet wurde, …

… weil sie meiner Oma Gebärmutter in der Kühlbox hatte

Immer Klagen von Oma über Schmerzen, jedes Mal schlimmer und schlimmer. Es muss endlich was passieren. Wir nehmen also die Oma und fahren mit ihr zum Arzt in die nächste Stadt. Ein guter Arzt, hat man uns gesagt, der auch operiert. Der Arzt sagt: »Die Oma hat ein Geschwür, das muss operiert werden. Ein Geschwür an der Gebärmutter. Die ganze Gebärmutter muss raus!« Wir denken, Oma macht das nie, es gibt ein riesen Gekreisch. Alle gehen wir an ihr Bett und der älteste Bruder spricht, weil das der Diplomat ist. Er sagt: »Oma, die Gebärmutter brauchst du doch sowieso nicht mehr.« Und Oma ist ganz ruhig und sagt, sie macht alles, nur will sie nicht mehr immer müde sein und die Schmerzen müssen weg. Sie sagt auch selbst, die Gebärmutter braucht sie sowieso nicht mehr.

Also fahren wir Oma wieder in die Stadt und sie wird auf den Operationstisch gelegt. Alles geht gut, der Arzt sagt: »Die Oma ist schon bald wieder fit!« Sie klagt dann immer noch, aber wegen der Wunde von der Operation. Die ist bestimmt bald weg. »Aber«, sagt der Arzt, »es muss untersucht werden, ob das ein gutes Geschwür war oder ein böses.« Weil in der Oma auch an anderen Stellen noch was sein kann. Der Arzt meint: »Das kann ich hier nicht machen, das muss in der Großstadt gemacht werden.« Das ist noch viel teurer. »Sie machen das dort aber auch nicht gut«, sagt er. Wir denken: »Das ist keine gute Idee.«

Oma bleibt noch in der Klinik liegen, nur ihre Gebärmutter nehmen wir verpackt mit nach Hause in den Kühlschrank und überlegen, was wir machen sollen. Das ist alles sehr teuer, aber auch wichtig für Oma. Tante fährt sowieso nach Deutschland, Verwandte besuchen. Dort ist auch ein Arzt, ein Onkel. Der ist kein richtiger Onkel, aber egal. Er kann die Gebärmutter untersuchen, das kostet nichts.

Tante soll also die Gebärmutter mitnehmen. Das will sie nicht. Es gibt Gekreische. Oma war ja ganz ruhig, jetzt gibt es aber mit der Tante Gekreische. Wir überlegen deshalb, ob wir dem Onkel in Deutschland ein Paket schicken. »Das kommt vielleicht nicht an«, sagt der Bruder. Ich sage: »Schicken wir sie in zwei Paketen, eines kommt an.« Wir schauen uns an. Keiner will Omas Gebärmutter auseinanderschneiden. Das dauert auch zu lange mit Paketen, man kann ja schlecht eine Kühlbox mitschicken, die Gebärmutter würde also gammelig werden.

Am Ende überreden wir die Tante doch, Omas Gebärmutter mitzunehmen. Sie packt die Koffer und eine Picknickkühlbox, eine Kühlbox aus Deutschland, es gibt da gute Kühlboxen. Wir legen vorsichtig Omas Gebärmutter hinein, die Tante nimmt extra einen früheren Flug und fliegt zu dem Arzt, der ein Onkel ist. Kein richtiger Onkel, aber egal. Tante ist nervös am Flughafen, als wir sie hinbringen. Wir haben schon ein schlechtes Gefühl.

Das ist dann passiert: Der Tante war den ganzen Flug lang übel. Beim Zoll in Deutschland haben sie sie rausgepickt. Sie ist wohl aufgefallen, weil sie nervös war. Tante wollte früher Schauspielerin werden, das hätte sie aber nicht gut machen können. Sie musste die Kühlbox aufmachen und wurde gefragt, was das sei. Sie hat gesagt: »Rindfleisch!« Die haben dann die Gebärmutter ausgepackt. Dabei ist die Tante in Ohnmacht gefallen. Das war denen verdächtig. Es wurde vielleicht ein Mörder gesucht in Deutschland, und sie haben bestimmt gedacht, das wäre ein ausländischer Kannibale oder so. Einer am Zoll kannte sich aus. Der sagte: »Das ist kein Rindfleisch!« Da haben sie Tante festgehalten. Sie konnte sowieso nicht weglaufen, weil ihr übel war. Sie haben jemanden geholt, der sich noch besser auskennt, der hat gesagt: »Das ist vom Menschen!« Tante wurde festgenommen. Es gab sicher viel Gekreische. Sie hat versucht, die Wahrheit zu erklären und wurde eingesperrt. Gott sei Dank haben sie die Gebärmutter für weitere Untersuchungen kühl gelegt.

Unsere Tante hat die ganze Nacht nicht geschlafen, und am nächsten Tag, sicher wieder mit viel Gekreische, durchgesetzt, dass sie Onkel anrufen durfte. Er ist kein richtiger Onkel, aber ein richtiger Professor. Der hat der Polizei auch die Wahrheit gesagt. Aber sie wollten die Tante nicht gehen lassen. Da hat der Onkel uns angerufen. Wir haben versucht, bei der Flughafenpolizei anzurufen. Da ging nichts. Bald danach hat aber unsere Polizei bei uns angerufen, wir haben alles bestätigt, auch der Arzt, der die Gebärmutter herausgenommen hatte. Unsere Polizei hat bei der deutschen Polizei angerufen. Da haben sie die Tante gehen lassen, aber ohne Gebärmutter – also, ohne Omas Gebärmutter.

Illustration von CX Huth

Die Tante hat dann das Konsulat angerufen, die Botschaft und das Rote Kreuz und hat die Gebärmutter freigekriegt. Sicher mit viel Gekreische. Es gibt bestimmt noch Ärger. Man darf nach Deutschland keine Körperteile illegal einreisen lassen. Der Onkel hat dann alles untersucht. Es war ein gutes Geschwür. Das haben wir mit Tante und Oma gefeiert.