Kvara Bistroj: Der Ausländer

Heute: Der Brasilianer

Ein ordentliches Sambaschulzeugnis, das so genannte Favelas-Abitur, das steckt sich der gemeine Brasilianer alljährlich einmal an seinen traditionellen Zuckerhut und lässt sichs wohl sein. Doch auch der bescheidenere Realschüler muss sich mit seiner Rumba-Reife nicht in einer der vielen Sierras verstecken. Wenn die Trommeln trommeln und die Hüften hüpfen, dann ist jeder Brasilianer ganz bei sich. Er ist halt etwas selbstverliebt, der Brasilianer, beim Fußball wie auch im Karneval. Kaum was anhaben, aber davon möglichst viel, und dieses schrecklich bunt; das ist seine Welt und dafür schwitzt er schon mal bis zu zwölf Liter Flüssigkeit an einem Tag aus. Selbiges gilt auch, wenn der Brasilianer eine Frau ist. Die Versuche, das »Girl von Ipanema« ausserhalb von Brasilien zu etablieren, nennen sich Frank Sinatra, Aerobic und Jazz-Gymnastik. Letztere sind bei uns auf halbem Wege, hinter den verschlossenen Türen der Turnhallen und Fitnessstudios steckengeblieben. Wahrscheinlich ist das auch gut so.

Der berühmteste Brasilianer ist übrigens Pele, was belegt, dass man es auch ohne Vor- bzw. Nachnamen zu etwas bringen kann. Jedoch, eines Tages läutet der Erzbischof auch in Rio de Janeiro zum Aschermittwoch, und wenn der Brasilianer sein rüschenübersähtes Karnevalskostüm in den Spind gehängt hat, dann denkt er erstmal nicht mehr an Morgen. Er denkt nur noch an die gnadenreiche Mutter Gottes und stolziert jeden Tag Caipis süffelnd die Copacabana rauf und runter.

Falls ein Brasilianer zu viel Ehrgeiz entwickeln sollte, dann findet er sich urplötzlich in die Hauptstadt Brasilia als Staatsbeamter abgeschoben. Dort wo Puma und Lama sich gute Nacht sagen. »Samba pa ti« sagt er dann. Was, wenn man es aus dem Portugiesischen rückübersetzt, soviel heißt wie: »Der Tanz ist vorbei«.

Ja, ja, so ist er, der Brasilianer

In der nächsten Ausgabe: Der Este